Objektrisiko in Museen*
Von JOACHIM HUBER, Prevart GmbH, Winterthur
(Zuerst veröffentlicht im Mitteilungsblatt des Verbands der Museen der Schweiz (VMS), Juni 2001)
* Das Objektrisiko ist eines unter verschiedenen Risiken, welche im Museum von Bedeutung sind. Selbstverständlich geht in jedem Falle, ob kurz- oder langfristig, die Unversehrtheit aller Personen ( (Safety) im Museum der Objektsicherheit vor.
Ungünstiges Klima, große Lichtbelastung und Brandgefahren sind leicht wahrzunehmende, weil mit konkreten Schädigungen verbundene, Objektrisiken in Museen. Ohne die Bedeutung dieser Schädigungsfaktoren in Frage zu stellen, sind bei der Betrachtung des Gesamtrisikos für Objekte in Museen die direkt durch Personen bedingten Risiken von weitaus grösserer Tragweite. In erster Linie denkt man an den Museumsbesucher oder an den gemeinen Dieb als Risiko für das Objekt. Die Erfahrungen zeigen jedoch, dass nicht der staunende Besucher, der Dieb oder der in der Museumsrealität seltene Vandale das grösste Schädigungspotential aufweisen, sondern der autorisierte Nutzer in der Ausübung seiner Funktion im Museum, d.h. die Kuratoren, Konservatoren/Restauratoren und die externen Fachleute, welche die Objekte handhaben, pflegen und untersuchen.
Jede Handhabung, Bewegung und Nutzung der Objekte birgt letztlich ein Schädigungspotential, welches durch unsachgemässe Handhabung und Nachlässigkeit noch beträchtlich vergrössert werden kann. V.a. im Zusammenhang mit Objektverschiebungen und den damit zusammenhängenden Handhabungs-, Demontage-, Verpackungs-, Entpackungs- und Montagearbeiten ergeben sich vielfältige Möglichkeiten der Objektschädigung. Nicht zu vergessen sind jedoch auch bewusste Eingriffe in die Objektintegrität im Zusammenhang mit Massnahmen zur Erforschung und (vermeintlichen) Erhaltung von Objekten. Eine misslungene Freilegung einer älteren Farbfassung oder eine exzessive Objekt- und Materialuntersuchung mit destruktiven Methoden können eine massive Schädigungen des Objekts darstellen, verbunden mit einem irreversiblen Verlust an historischer Substanz und Information. Nutzen und Schaden derartiger Eingriffe sind daher stets sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Man könnte versucht sein, zu sagen, dass ein Objekt am sichersten über die Runden kommt, wenn es den Standort im geeigneten und sicheren Depot nicht verlässt, doch dann erfüllt das Museumsobjekt seinen Sinn und Zweck nicht mehr.
Risikofaktoren für Objekte in Museen sind nicht einzeln zu betrachten, sondern stets in ihrer Gesamtheit und in ihrem Verhältnis zueinander. Im Blickfeld steht das Gesamtrisiko für die Objekte. Vermeintlich große Risiken, können dadurch in ihrer Bedeutung relativiert werden und unscheinbare Risiken werden als ernstzunehmende Gefahr erkannt. Es kann sinnvoll sein, in einem gewissen Bereich mit Massnahmen weniger weit zu gehen, wenn dadurch die Möglichkeiten freigespielt werden, andere, bedeutendere Risiken anzugehen und eine effektivere Wirkung bezüglich des Gesamten zu erzielen. Beispielsweise kann die Verbesserung der Betriebsabläufe oder die Mitarbeiterschulung in der sorgfältigen Objekthandhabung oder Objektverpackung u.U. langfristig von bedeutend nachhaltigerer Wirkung sein als eine spitzfindige Einzelmassnahme wie z.B. die Einhaltung engster, zuweilen im Bereich des Messfehlers liegender Temperatur- und Feuchtevorgaben in einem Depot, welche technisch nur aufwändig zu erreichen und in der Folge mit hohen Betriebskosten verbunden sind.
Wenn in einem Museum die Objektsicherheit zum Thema wird, ist nicht das Einzelobjekt, der Einzelraum oder ein einzelner Risikofaktor wie Sicherheit, Licht oder Klima ins Zentrum der Bemühungen zu stellen, sondern die gesamte Risikosituation inkl. den Menschen als wichtigsten (Risiko-)Faktor. Massnahmen sind daher auch stets primär in Hinblick auf ihre Wirksamkeit bzgl. des Gesamtrisikos zu betrachten. Grundlage dazu ist die flächendeckende, genaue Erfassung, Beurteilung und Bewertung sämtlicher potentieller Risikofaktoren. Erst das Gesamtbild der Risikosituation kann Ansatzpunkte liefern, um geeignete Massnahmen zu ergreifen und Mittel effektiv und effizient einzusetzen.
Die chronische Finanzknappheit in Museen zwingt dazu, die Mittel möglichst effektiv einzusetzen. Erschwerend ist allerdings, dass objekterhaltende Massnahmen meist wenig und v.a. nicht kurzfristig publikumswirksam sind und daher im Zuge der allgemeinen Sparmassnahmen als erstes dem Rotstift zum Opfer fallen. Aus der Sicht der Kulturgütererhaltung ist es deshalb wünschenswert, die zugewiesenen Mittel optimal d.h. am richtigen Ort und mit maximaler Wirkung einzusetzen.
8 wichtige Schädigungsfaktoren in Museen, Sammlungen und Archiven in alphabetischer Reihenfolge:
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Erschütterung und Beschleunigung
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Klima (Temperatur und Feuchte)
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Mensch (unsachgemässe Handhabung, Nachlässigkeit, Diebstahl, Vandalismus)
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Schädigung durch gasförmige Stoffe
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Schädlinge (Insekten, Nagetiere, etc.)
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Schimmel- und Bakterienbefall
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Ultraviolett-, Licht- und Wärmestrahlung
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Verschmutzung durch Staub und Schmutz